Budget für Ausbildung/Budget für Arbeit: Erfahrungsberichte

    • Offizieller Beitrag

    Welche Erfahrungen haben Arbeitgeber und Auszubildende/Beschäftigte mit dem Budget für Ausbildung oder dem Budget für Arbeit gemacht?
    Welche Rahmenbedingungen sind aus Sicht der Beratungspraxis förderlich für eine Inanspruchnahme dieser Leistungen?


    (Dies ist eine Impulsfrage des Teams.)

  • Guten Abend in die Runde,


    gerne starte ich diesen Thread mit einem "ganz frischen" Erfahrungsbericht - denn wir hier vom Team ÖGW JobWERK Kaiserslautern (https://www.gemeinschaftswerk.de/de/beratung/jobwerk) begleiten, seit 01.09.23, unseren ersten Teilnehmer im Budget für Ausbildung.

    Ich wähle dafür eventuell ein ungewöhliches Format und bitte um Nachsicht dafür - jedoch erschien mir ein angemessener Beitrag, ohne diese Ausführung, kaum möglich: Im Anhang finden sie den persönlichen Bericht einer ersten und ganz frischen Erfahrung mit Budget für Ausbildung §61a SGB IX.

    Ich vertrete derzeit durchaus die fachliche Ansicht, dass auch dieses Instrument der betrieblichen Inklusion für eine, vermutlich eher kleine, Gruppe der Berechtigten eine Chance bereithält, es hier jedoch noch Entwicklungs- und Klärungsbedarf gibt. Letzteres ergibt sich aus den im Anhang beschriebenen Erfahrungsmomenten:


    Anmerkung 1: Aufgrund der besonderen Situation und der Bedarfe der Personen, welche Budget für Ausbildung beantragen können, glaube ich, dass es häufiger der Fall sein wird, das Angebot für einen Ausbildungsplatz aufgrund eines positiv verlaufenden Praktikums zu erhalten. Sind Menschen im Rahmen der Berufsbildenden Maßnhame WfbM in einem solchen Praktikum, bzw. auch später, aus dem Arbeitsbereich WfbM heraus, so halte ich es für wichtig, dass die begleitenden Fachkräfte der WfbM auch diesen Weg "auf dem Schirm" haben, dazu fachkundig beraten und ergebnisoffen - ganz dem Wunsch- und Wahlrecht verpflichtet - unterstützen können.


    Persönliches Fazit 1 (zu beschriebener Erfahrung): Der Weg in und durch "Budget für Ausbildung" muss ebener werden. Alle möglichen Leistungsträger sollten zukünftig in der Lage sein, das nötige "Verfahren" fachkompetent und handlungsleitend zu koordinieren.


    Persönliches Fazit 2 (zu beschriebener Erfahrung): Insbesondere im Hinblick auf die besonderen Herausforderungen (in allen Themen des Lebens), denen sich berechtigte Personen täglich stellen : Alles für Budget für Ausbildung notwendige, im Vorfeld zu klären, zu beantragen, auszuhandeln, zu verschriftlichen, ist ein fachlich derart komplexer und aufwändiger Prozess, dass es nicht der antragstellenden Person (und/oder deren Umfeld) alleine obliegen darf, das alles zu bewältigen. Es handelt sich hierbei um Fachleistungen, welche schon im Vorfeld benötigt werden und somit auch anerkannt und vergütet werden müssen.


    Persönliches Fazit 3 (dto.): Um, im Rahmen Budget für Ausbildung, wenn nötig und angezeigt, auch Ausbildungen auf Fachpraktiker-Niveau in den anerkannten Berufen zu ermöglichen, benötigt es Nachbesserungen in den Regelungen der Kammern (zumindest in Rheinland-Pfalz, evtl. gibt es hier bundesweit auch andere Vorschriften). Gerade für den berechtigten Personenkreis sind auch der physische und relationale Ort der praktischen Ausbildung - also der individuelle Betrieb und die dortigenKolleg: innen - eine wichtige Größe für das Gelingen, wenn das Ausbildungsangebot so zustande kam. Dann sollte es nicht daran scheitern, dass nur eine Ausbildung unter wesentlich höheren Anforderungen möglich ist, da sich keine ReZa-Fachkraft unter den Kolleg: innen findet - was vermutlich in vielen Betrieben so sein dürfte. Mögliche Lösung: Honorarkräfte mit rehabilitationspädagogischer Ausbildung beistellen.


    (Diesen Beitrag) abschließend: Nach einigen Hürden, läuft für unseren Teilnehmer derzeit alles erfreulich gut. Aber es steht auch erst am Anfang. Das Wichtigste, was es braucht - und was man nicht in Fachliche Weisungen packen kann - bringt er mit: Eine Motivation, die wirlich außergewöhnlich ist und die Bereitschaft, enorm viel auf sich zu nehmen, um es zu schaffen. Hut ab!


    Herzliche Grüße


    Karsten Lutz

  • Guten Tag an Alle auch von mir,


    wir, die iKL- gemeinnützige Integrationsgesellschaft Kaiserslautern mbH, beschäftigen zurzeit in unseren Inklusionsbetrieben insgesamt 236 Mitarbeiter, ungefähr die Hälfte davon sind Mitarbeiter mit einer Beeinträchtigung. Darunter haben wir 20 Mitarbeiter, die über das Budget für Arbeit gefördert werden. Wir haben durch diese Förderung fast nur postitive Erfahrungen sammeln dürfen, so dass wir vorhaben diese Plätze noch weiter auszubauen. Besonders schön ist zu sehen, dass es möglich ist in allen möglichen Bereichen Mitarbeiter, die über das Budget für Arbeit (BfA) gefördert werden, zu integrieren - von der Gastronomie über den Onlinehandel bis zu unserer Fahrzeugreinigungsanlage. Natürlich gibt es immer mal wieder Unklarheiten oder Schwierigkeiten, aber auch nicht mehr als in anderen Arbeitsverhältnissen.


    Als Hürde für den Arbeitgeber nehme ich zum einen die oft unklare Förderhöhe wahr. Die Bescheide werden bei uns von Sachbearbeiter zu Sachbearbeiter unterschiedlich berechnet. Die Grundlage für die Berechnungen sind oftmals kaum klar zu erkennen. In Rheinland-Pfalz gab es ja schon länger eine höhere Obergrenze als in vielen anderen Bundesländer, aber auch diese Grenze wird unterschiedlich gehandhabt. Durch den Personalmangel bei den Kostenträgern kommt es zudem zu einem langen Rückstau bei den Bescheiden mit Wartezeiten von bis zu 1,5 Jahren. Dies macht es für den Arbeitgeber natürlich schwierig hier zu planen oder verzögert Weiterberechnungsverfahren.


    Als wichtigen Punkt für den Arbeitgeber sehe ich zudem die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Fachpersonen und Beratungsdiensten. Gerade das Budget für Arbeit hat so viele versteckte Kniffe, die man auch durch viel Recherchearbeit kaum alle überblicken kann. Sei es das Zusammenspiel von Erwerbsminderungsrente und BfA oder das Thema Rentensansprüche. Auch bei Kostenträgern stößt man da an Grenzen und wird häufig mit einem "geht nicht" abgebügelt. Hier ist es ungemein wichtig, dass man Ansprechpartner hat, die das ganze Hintergrundwissen haben und einem da verlässlich weiterhelfen können, auch um zustehende Rechte einzufordern.


    Viele Grüße


    Kathrin Engel

  • Hallo Zusammen,


    ergänzend zu meinen Vorredner*innen - oder sollte ich besser Vorschreiber*innen sagen - hier noch ein Hinweis von mir. Im Buch Zukunft der Werkstätten, vgl. Abbildung, sind auch Artikel zum Budget für Arbeit/Ausbildung veröffentlicht. Auch ich wurde angefragt zum Budget für Arbeit. Da das Buch online zu lesen ist und auch Downloads möglich sind, habe ich mit erlaubt, meinen Artikel in den Anhang zu packen. Dort habe ich auch beschrieben, was es braucht, um mehr Budgets für Arbeit erreichen.

    Quellenangabe/ Reference: Schachler, Viviane [Hrsg.]; Schlummer, Werner [Hrsg.]; Weber, Roland [Hrsg.]: Zukunft der Werkstätten. Perspektiven für und von Menschen mit Behinderung zwischen Teilhabe-Auftrag und Mindestlohn. Bad Heilbrunn : Verlag Julius Klinkhardt; Lebenshilfe Verlag der Bundesvereinigung 2023, 333 S. - URN: urn:nbn:de:0111-pedocs-265102 - DOI: 10.25656/01:26510; 10.35468/6002. Zur Publikation


    Viele Grüße von

    Andrea Seeger, Access Inklusion im Arbeitsleben gGmbH

  • Wie schon von anderen Teilnehmenden geschrieben, sind diese Leistungen wichtige Errungenschaften. Allerdings müssen Informationen und Beratung bei dieser Komplexität barrierefrei zur Verfügung, die Beantragung möglichst unbürokratisch erfolgen. Die Menschen, denen diese Leistungen zu Gute kommen sollen, haben schließlich nebenbei durch ihre Erkrankungen ausreichend andere Organisationshürden. Eine gesetzlich verpflichtende Beratung und Begleitung durch den Prozess wäre sicherlich hilfreich.

    Zudem bestehen wie erwähnt Unklarheiten zu Förderhöhen und Zuständigkeiten.


    für den Allgemeinen Behindertenverband in Deutschland (ABiD e.V.)

  • Das Budget für Arbeit wie auch das Budget für Ausbildung sind wichtige Instrumente für Menschen, die sich aus dem Status der arbeitnehmerähnlichen Beschäftigung einer Werkstattleistung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung weiterentwickeln möchten.


    Mit dem Fokus auf den Aufbau eines inklusiven Qualifizierungs- und Arbeitsmarktes, eröffnen diese Instrumente für Unternehmen die Möglichkeit, auch dann eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder ein Ausbildungsverhältnis anbieten zu können, wenn auch längerfristig oder dauerhaft eine finanzielle Förderung der Lohn-/Ausbildungskosten oder ein flankierendes Jobcoaching / Unterstützungsleistungen erforderlich werden.


    Wichtig ist, möglichst alle - die Menschen selbst, die Unternehmen und die Leistungserbringer:innen, die unterstützend tätig sind - müssen über ein gemeinsames und fundiertes Wissen verfügen. Erst dann können die Instrumente ihre Wirkungskraft entfalten.


    Wichtig in der Umsetzung neuer Instrumente ist zudem die offene Auseinandersetzung mit möglichen Fragestellungen oder Stolpersteinen.

    So frage ich mich beispielhaft, warum ein Mensch im Rahmen des Budget für Arbeit während seiner Beschäftigung in einem Inklusionsbetrieb / einer Inklusionsabteilung seinen erhöhten Rentenanspruch mitnimmt, dies aber außerhalb dieser Beschäftigungsformen nicht möglich ist? Die meisten Unternehmen verfügen über keinen Inklusionsbetrieb bzw. eine Inklusionsabteilung, können somit diese Möglichkeit ihren neuen Mitarbeitenden also auch nicht anbieten.

    Gleichzeitig ist die Frage der Mitnahme des erhöhten Rentenanspruches insbesondere für Menschen, die behinderungsbedingt nicht in Vollzeit oder auch nur im Bereich einfacher Nischentätigkeiten arbeiten können, für die Entscheidung das Budget für Arbeit zu wählen, eine sehr essentielle Frage.


    Im Rahmen unserer Tätigkeiten als Inklusionsdienstleister ist das Budget für Arbeit wie auch zunehmend das Budget für Ausbildung aus dem ´Instrumentenkoffer` der ProjektRouter gGmbH nicht mehr wegzudenken. Insbesondere Unternehmen, die schon heute Mitarbeitende im Rahmen eines BiAP / betriebsintegrierter Arbeitsplatz einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung bzw. eines anderen Anbieters beschäftigen, begrüßen diese neuen Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten.


  • Erneut Hallo in die Runde,


    mit großem Interesse verfolge ich die Beiträge zu diesem Thema. Bitte erlauben Sie mir, ein wenig in der Zeit zurückzugehen, um den Werdegang des "Budget für Arbeit" zu beleuchten.


    2002 bis 2005 führten drei Werkstätten in Rheinland-Pfalz (die damals hießen: Caritas Werkstätten Mayen-Cochem-Sinzig-Polch, Kreuznacher Diakonie und gpe Mainz) gemeinsam mit dem Ministerium in Mainz ein Modellprojekt durch: "AIM - Arbeitsweltbezogene Integrationsmodelle", mit der Fragestellung, wie und wodurch es gelingen kann, mehr Menschen mit Beeinträchtigung den Übergang aus den Werkstätten auf den Allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Neben vielen weiteren Erkenntnissen, wurde den Teilnehmenden schnell deutlich, dass es sich immer wieder um die gleichen "Kernfragen" dreht (und zwar auf beiden Seiten - Arbeitgeber: in und potentielle Arbeitnehmer: in mit Beeinträchtigung):


    • Finanzieller Ausgleich des Teils der Leistung / der Anforderungen, welche aufgrund der Beeinträchtigung tatsächlich auf Dauer nicht erbracht werden können
    • Angst davor, bei einem Scheitern, bzw. bei Überforderung, etc., nicht mehr in das "Werkstattsystem" zurückkehren zu können, bzw. auf Seiten des Arbeitgebers (bitte wertneutral einordnen), eine: n schwerbehinderte: n Arbeitnehmer: in nicht kündigen zu können, wenn es wirklich notwendig werden würde (wobei Budget für Arbeit das Schwerbehindertengesetz und somit den besonderen Kündigungsschutz natürlich nicht aushebelt und die Gründe durch das Integrationsamt immer gehört / geprüft werden)

    Also "strickte" man, als Modell, "Budget für Arbeit", welches so einfach, wie genial war und genau auf o.g. "Kernfragen" eine Antwort gab:

    Bis zur Höhe des Betrages, den auch Werkstätten für einen Beschäftigungsplatz bekommen (damals hieß es 70% des Arbeitnehmer-Bruttoentgeltes, max. jedoch Werkstattkosten), sollte der zuständige Leistungsträger einen Zuschuss an einen Betrieb zahlen, wenn dieser bereit war, ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis mit einem Menschen abzuschließen, der Anspruch auf Beschäftigung im Arbeitsbereich einer WfbM hat. Dieses Arbeitsverhältnis sollte von beiden Seiten wieder aufgelöst werden können und das Recht auf Rückkehr des / der Budgetnehmer: in in das Werkstattsystem sollte dauerhaft gesichert sein.


    Budget für Arbeit wurde somit zu dem Vermittlungs-Instrument, mit dem dann wiederum das Sozialministerium in Mainz, gemeinsam mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten (LAG) RLP, 2006 ein auf "AIM ..." folgendes "Umsetzungsprojekt Integrationsmanagement in den Werkstätten in RLP", an dem damals 27 von 36 Werkstätten teilnahmen, "auf die Piste" schickten.

    Zu diesem Zeitpunkt begannen diese teilnehmenden Werkstätten, deren gesetzliche Aufgabe dies ja eigentlich schon zuvor war, in unterschiedlichster Weise ein Integrationsmanagement systematisch zu implementieren. Befürchtung und Hoffnung gingen um, Budget für Arbeit würde die Werkstätten zunehmend "leeren". Was bis heute nicht eingetreten ist.

    Leider verstarb der federführende Staatssekretär, Herr Thomas Ecker, in 2006 kurz nach Einführung Budget für Arbeit in RLP. Er hatte damals schon eine wichtige Weiterentwicklung des Fördermodells im Sinn - nämlich eine höhere Förderung für Menschen mit Körperbehinderung, welche aufgrund dieser mehr Mittel für Assistenz und Beförderung benötigen, um Budget für Arbeit überhaupt nutzen zu können. Dazu kam es jedoch leider so nicht mehr.


    Für die Westpfalz-Werkstätten in Landstuhl durfte ich für dieses Thema an den Start gehen. Wir wählten dafür das Stabsstellenmodell. Und so kommt es, dass mich Budget für Arbeit, mit all seinen Entwicklungen, tatsächlich schon die letzten 17 Jahre begleitet. Wir konnten seit dem 119 Personen auf ihrem Weg in ein durch Budget für Arbeit gefördertes Arbeitsverhältnis begleiten, einige davon auch auf ihrem Weg zurück oder in ein anderes Budget-Arbeitsverhältnis. Ich stimme den Gelingensfaktoren in Frau Seegers Fachbeitrag voll und ganz zu - und doch verbirgt sich hinter allen 119 Personen noch einmal eine ganz individuelle Geschichte von Motivation, Erfolg, Konsequenzen und Erkenntnis. Wir Begleitenden sind zwar die zumeist unverzichtbaren "Randfiguren" - die eigentliche Leistung, damit es überhaupt gelingt, liegt bei den Menschen mit Beeinträchtigung selbst, genauso wie bei den chancengebenden Betrieben.


    Ausdrücklich beipflichten möchte ich allen Anmerkungen, die hervorheben, dass berechtigte Personen eigentlich mit den Herausforderungen ihres Lebens und allem, was dazu organisiert und bewältigt werden muss, schon genug Belastungen standhalten müssen - Budget für Arbeit / Ausbildung für sich nutzbar, bzw. zugänglich zu machen, ist eine komplexe Fachleistung, welche sie nicht zusätzlich selbst bewältigen können und auch nicht müssen sollten.


    Zuletzt noch eine Anmerkung zu den rentenrechlichen Gegebenheiten: Dass für Menschen, welche mit Budget für Arbeit in einen Inklusionsbetrieb wechseln, wie bei Werkstattbeschäftigung weiterhin Rentenbeiträge auf Basis 80% der jeweiligen Bezugsgröße abgeführt werden, ist keine explizite Modalität des Budget für Arbeit. Diese Regelung bestand schon lange zuvor und ist geregelt im §162 Nr. 2a SGB VI (vgl. https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_6/__162.html). Hinzu kommt, dass der Wechsel direkt im Anschluss an die Berufsbildende Maßnahme in einen Inklusionsbetrieb, ohne vorherige Aufnahme einer Tätigkeit im Arbeitsbereich der WfbM, diese "Aufstockung" der Rentenbeiträge durch das Integrationsamt nicht rechtfertigt und - zumindest in Rheinland-Pfalz - auch abgelehnt wird (vgl. hierzu o.g. Gesetzestext)

    Ein echter Schildbürgerstreich, was Budget für Arbeit angeht - Nachbesserung dringend notwendig.


    Beste Grüße


    Karsten Lutz

  • Hallo in die Runde, ich möchte an dieser Stelle aus Sachsen-Anhalt berichten: wir hatten vor 2018 keinerlei dem Budget für Arbeit ähnliche Leistungen und waren positiv gestimmt, als mit § 61 das Budget für Arbeit im SGB IX aufgenommen wurde. Wir haben sehr viel Öffentlichkeitsarbeit betrieben, um es bekannt zu machen und dafür zu werben. Der Gesetzgeber hat es aus meiner Sicht -so auch die Gesetzesbegründung- als eine Zwischenstufe zwischen WfbM und allgemeinem Arbeitsmarkt installiert. Menschen mit Behinderungen sollen dadurch mehr Chanen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bekommen. In Sachsen-Anhalt gelang das in einigen Einzelfällen sehr gut. Einige junge Menschen mit Behinderungen aus WfbM (fast ausschließlich diejenigen, die noch keine Erwerbsminderungsrente beziehen) sahen es als Chance, ihren Lebensunterhalt aus erzieltem Arbeitseinkommen selbst bestreiten zu können, so wie es die UN-Behindertenrechtskonvention auch verlangt. Sie suchten sich selbst Arbeitgebende oder wurden von den begleitenden Diensten der WfbM an Betriebe, die bereits betriebsintegrierte Arbeitsplätze eingerichtet hatten, vermittelt. Über Praktika und engmaschige Begleitung gelang es ihnen, Fuß zu fassen. mehr als 80% dieser Budgetnehmerinnen und Budgetnehmer sind heute noch mit einem Budget für Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Sozialämter bewilligen die Budgets unbefristet -so schreibt es höchstrichterliche Rechtsprechung vor- und sehen mit den Betrieben und den Budgetnehmerinnen und Budgetnehmern im Austausch, wenn es darum geht, die Lohnkostenzuschüsse von 75% auf weniger zu reduzieren. In den vielen Fällen ist das bisher nicht erfolgt, weil die Budgetnehmenden nach wie vor nicht voll leistungsfähig und auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind. Auch wenn wir hier von einer überschaubaren Zahl von Budgetnehmenden sprechen lohnt es sich aus meiner Sicht für jede(n) Einzelne()n, nichts unversucht zu lassen, sie/ ihn am allgemeinen Arbeitsleben teilhaben zu lassen.

    Der Bund hat im Rahmen einer Studie zur Zukunft der WfbM und für ein angemessenes Leistungsentgelt auch das Budget für Arbeit "unter die Lupe" genommen und wird sicherlich hier noch einige Nachbesserungen vornehmen, so könnte zum Beispiel die bisher im Budget für Arbeit nicht zu entrichtenden Arbeitslosenversicherung auch Teil des Budgets für Arbeit werden.

  • So frage ich mich beispielhaft, warum ein Mensch im Rahmen des Budget für Arbeit während seiner Beschäftigung in einem Inklusionsbetrieb / einer Inklusionsabteilung seinen erhöhten Rentenanspruch mitnimmt, dies aber außerhalb dieser Beschäftigungsformen nicht möglich ist?

    Das finde ich als Mutter einer 22 jährigen Tochter mit einer kognitiven Beeinträchtigung das größte Hinderniss bei allen Bemühungen, einen Platz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für sie zu finden. Eine ausreichende Rentenversorgung aufbauen zu können, ist essentiell. Da stimme ich Frau Labruier zu.

  • Guten Tag in die Runde,

    dass es nur im Rahmen des Übergangs aus einem Inklusionsbetrieb in ein Budget für Arbeit die "ausreichende" Rentenversorgung gibt, ist vom Gesetzgeber bewusst so gewollt. Inklusionsbetriebe sind als "Brücke" zwischen Werkstatt und allgemeinem Arbeitsmarkt zu verstehen, denn sie müssen sich einerseits dem wirtschaftlichen Wettbewerb stellen und andererseits aber mindestens 30 schwerbehinderte Menschen einer besonderen Zielgruppe- dazu gehören auch Menschen mit psych. Einschränkungen- beschäftigen. Da bereits in der Werkstatt das sogenannte Rentenprivileg (mindestens 80% der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV werden als Einkommen für die Abführung von Rentenbeiträgen angesetzt) gilt, sollen Menschen mit Behinderungen während der Zeit in einem Inklusionsbetrieb nicht benachteiligt gegenüber Werkstattbeschäftigten sein. Inzwischen gibt es seitens des Bundesgesetzgebers Überlegungen, ob ggfls. auch im Budget für Arbeit das Rentenprivileg gelten soll.

    Für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen, die als arbeitsmarktfähig eingestuft sind, gelten die allgemeinen Bedingungen wie für jeden anderen Arbeitsuchenden/ Arbeitnehmenden auch. Allerdings gibt es auch hier Möglichkeiten der Unterstützung bei der Suche nach passenden Arbeitsplätzen, z.B. auch in Inklusionsbetrieben. Ich empfehle hier dringend, Kontakt zum Integrationsamt in Ihrem Zuständigkeitsbereich aufzunehmen, um evtl. Kontakt zu Inklusionsbetrieben in Ihrer Nähe herzustellen.

  • Guten Tag erneut zusammen,


    persönlich fände ich es gut und richtig, das Rentenprivileg gesetzlich auf alle Budget-Arbeitsverhältnisse auszuweiten. Alleine schon, weil viele Budgetnehmer: innen eher Verdienste auf "Helferniveau" erzielen. Aber grundsätzlich deswegen, da es sich um den gleichen Personenkreis handelt und ein Wechsel aus Werkstatt in Budget für Arbeit daran - zumindest bisher - auch nichts ändert. Das Privileg sollte dem Menschen geschuldet sein, nicht der Unternehmensform.


    Wir haben einen Beratungsprozess zu Budget für Arbeit entwickelt, der die Menschen (und ihr verantwortliches Umfeld) schon vor und während ihrer Praktika darüber aufklärt, was die Konsequenzen einer Entscheidung für Budget für Arbeit sein werden. Das ist für uns bis heute eine der wichtigsten Komponenten: So gut als möglich aufklären und informieren. Ein Teil davon, neben der Rentengeschichte, ist die Gegenüberstellung der aktuellen Einkommenssituation (und anderer Privilegien) und jener, wie sie sich im Rahmen Budget für Arbeit zusammensetzen würde, unter Berücksichtung der individuellen Lebensumstände.

    So ist es z.B. gut möglich, mit einer Teilzeit-Tätigkeit im Rahmen Budget für Arbeit und der dann noch auszuzahlenden Teilrente, ein vergleichsweise attraktives Einkommen zu erzielen. Eine Variante, mit der z.B. gerade für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung eine individuell passende Beschäftigung gestaltet werden kann.

    Wir haben es auch schon mehrfach erlebt, dass Menschen so sehr nicht weiter in der Werkstatt arbeiten wollten, dass sie finanzielle Verluste oder niedrigere Rentenbeiträge, wesentlich längere Arbeitswege, etc. in Kauf genommen haben, um einen anderen Arbeitsplatz zu bekommen. Ob wir das nun toll finden oder nicht - die Entscheidung liegt bei den Menschen letzlich selbst. Andere haben sich nach oder während eines Praktikums, trotz möglicher finanzieller Verbesserungen, doch für den Verbleib in der WfbM entschieden.


    Beste Grüße


    Karsten Lutz

  • Hallo zusammen,


    nach meiner vagen Erinnerung zum BTHG wurde BMAS seinerzeit beauftragt, eine Statistik zum Budget für Arbeit zu erstellen. Ziel der Bundesregierung war damals um die drei Prozent, soweit erinnerlich? Liegt diese Statistik vor, mit welchen Ergebnissen für die einzelnen Länder, und wo kann man das im Web nachlesen? Kennt da evtl. jemand einen Link? Danke! Wolfgang

    • Offizieller Beitrag
    • Im Forschungsbericht „Untersuchung der jährlichen Einnahmen und Ausgaben bei den Leistungen der Eingliederungshilfe nach Art. 25 Absatz 4 BTHG (Finanzuntersuchung) / Abschlussbericht 2022“ finden sich unter 4.1 Budget für Arbeit statistische Daten, abrufbar über BMAS Publikationen.
    • Im „Kennzahlenvergleich der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe“ gibt es statistische Werte unter Punkt 3.3. Budget für Arbeit und länderspezifische Programme (abrufbar über REHADAT-Statistik.de)
  • Das finde ich als Mutter einer 22 jährigen Tochter mit einer kognitiven Beeinträchtigung das größte Hinderniss bei allen Bemühungen, einen Platz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für sie zu finden. Eine ausreichende Rentenversorgung aufbauen zu können, ist essentiell. Da stimme ich Frau Labruier zu.

    Ja, die beschriebenen und zurecht kritisierten Regelungen sind sinnbefreit und ungerecht.

  • Guten Tag zusammen,


    in den letzten Jahren gab und gibt es zahlreiche durch das BMAS geförderte Forschungsvorhaben und Modellvorhaben u.a. im Rahmen der Umsetzungsbegleitung des BTHG, de aus unterschiedlichen Perspektiven die förderlichen und hemmenden Faktoren auf dem Weg zur Nutzung des Budgets für Arbeit und teilweise des Budgets für Ausbildung beleuchten. Als Antragsteller des Modellvorhabens „BfA-Gellngt“ sind wir im BFW Bad Wildbad selber in diese Fragestellungen involviert. Zahlreiche, auch als „Webfehler“ gekennzeichnete hemmende Faktoren wurden in den vorstehenden Beiträgen benannt und finden sich übereinstimmend in den vorliegenden Forschungsberichten und zeigen sich auch in der noch laufenden Auswertung unserer Ergebnisse. Die aktuelle Diskussion um die Weiterentwicklung der WfbM greift diese Fragestellungen auf und wird hoffentlich im Gesetzgebungsverfahren positive Impulse setzen. Unabhängig davon wird es weiterhin entscheidend sein, gerade in den Regionen, in denen potenziell Beteiligte noch über keine ausreichenden Informationen über das BfA und das Budget für Ausbildung verfügen, mehr und fundiertes Interesse an alternativen Wegen zur WfbM zu wecken. Positive Beispiele sind ein Schlüssel hierzu. So wichtig die Kenntnis der detaillierten rechtlichen Regelungen zur Nutzung der einzelnen Instrumente auch ist, sollte der individuelle Nutzen bei einer Inanspruchnahme für alle potenziell Beteiligten im Vordergrund stehen. Das wiederum erfordert individuelle Beratungskonzepte, die die jeweiligen Interessen in den Mittelpunkt stellen, sprachlich und methodisch angepasst und modular aufgebaut sind. In unserem Modellvorhaben haben wir z.B. mit einem Ansatz, der den Gedanken des Sozialraums in den Mittelpunkt stellt, gute Erfahrungen in einer WfbM gemacht. Ein weiterer Ansatz betrifft die Stärkung der Medienkompetenz der Menschen mit Behinderung, um nicht stigmatisierende und niedrigschwellige Unterstützungsangebote im betrieblichen Alltag verfügbar zu machen.


    Viele Grüße aus Bad Wildbad


    Wolfgang Dings

  • Ein herzliches hallo in die Runde,


    bislang wurde hier noch nicht die Koppelung der Budgets für Arbeit und Ausbildung an die sogenannte Werkstattberechtigung thematisiert. Diese Verknüpfung halte ich für äußerst problematisch, hält sie doch die Zuordnung zu einem Sondersystem aufrecht, das mit der UN-Behindertenrechtskonvention nicht vereinbar ist. Menschen mit Behinderungen werden von Möglichkeiten zur Wahrnehmung ihres Menschenrechts auf Arbeit ausgeschlossen, weil sie entweder kein "Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung" erbringen können oder aber "voll erwerbsfähig" sind. Durch solch eine ableistische Sichtweise werden diese Menschen erneut diskriminiert.


    Verdeutlichen möchte ich dies am Beispiel unseres behinderten Kindes. Unser Kind wurde zehn Jahre lang inklusiv beschult. Es ist sehr offen und freundlich und, was Arbeit angeht, überaus motiviert. Daher wurde es von der Reha-Abteilung als voll erwerbsfähig eingestuft.

    Gleichzeitig hat die Reha-Abteilung festgestellt: Wegen seiner kognitiven Einschränkungen wird unser Kind keine Vollausbildung schaffen, sondern benötigt eine theoriereduzierte Ausbildung.

    Nun hat unser Kind bereits seit über einem Jahr ein Angebot auf einen Ausbildungsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Allerdings gibt es in dem Berufsfeld, das sich unser Kind ausgesucht hat, bislang keine theoriereduzierten Ausbildungen. Gleichzeitig weigert sich die zuständige Handelskammer seit fast einem Jahr hartnäckig, einen entsprechenden Ausbildungsrahmenplan für eine theoriereduzierte Ausbildung zu erlassen, obwohl unser Kind alle Kriterien dafür erfüllt.


    Um nicht ein weiteres Jahr in der Warteschleife zu verbringen, hat unser Kind nun im September zunächst mit einer Vollausbildung begonnen. Da die Reha-Abteilung den erfolgreichen Abschluss der Vollausbildung als nicht realistisch ansieht, ist eine Förderung der Ausbildung durch die Agentur für Arbeit derzeit noch völlig ungewiss.


    Könnte unser Kind aufgrund seiner Behinderung (GdB: 70!) das Budget für Ausbildung nutzen, hätte es bereits im letzten Sommer mit einer Ausbildung beginnen können. Denn beim Budget für Ausbildung geht es vorrangig um Teilhabe an beruflicher Bildung und nicht um den erfolgreichen Abschluss einer Ausbildung.


    Es grüßt aus Hamburg

    Silke Brockerhoff

  • Der Beitrag von Frau Brockerhoff verdeutlicht, wie weit in Einzelfällen die gesetzlich festgeschriebenen Möglichkeiten umausgeschöpft bleiben, weil einzelne Verantwortliche bei Reha- oder Leistungsträger nicht bereit sind dazu. Es ist aber auch nicht realistisch, diese Einzelfälle zu verallgemeinern. Sowohl das Budget für Arbeit als auch das Budget für Ausbildung sind eine Möglichkeit für Menschen mit Behinderung, eine selbstbestimmte Teilhabe am Arbeitsleben wahrzunehmen. Und gerade für junge Menschen, die in einer WfbM noch keine Erwerbsminderungsrente bekommen oder direkt aus der Schule in ein Budget für Ausbildung wechseln, sind das echte Alternativen zur dauerhaften Werkstattbeschäftigung. Wie schon an anderer Stelle von mir erwähnt, sind das keine Maßnahmen, die der UN- Behindertenrechtskonvention zuwider laufen. Sie werden nur noch nicht in Größenordnungen genutzt.

    Der Gesetzgeber wird sicher in naher Zukunft auch die qualitativ recht hoch gestellten Voraussetzungen für das Budget für Ausbildung noch einmal anpassen, damit noch mehr (vor allem junge) Menschen mit Behinderung davon profitieren können. Die Länder haben das zumindest mehrfach gefordert.

  • Der Beitrag von Frau Brockerhoff verdeutlicht, wie weit in Einzelfällen die gesetzlich festgeschriebenen Möglichkeiten umausgeschöpft bleiben, weil einzelne Verantwortliche bei Reha- oder Leistungsträger nicht bereit sind dazu.

    Liebe Frau Bruère, das klingt spannend. Wo genau sehen Sie im Fall unseres Kindes gesetzlich festgeschriebene Möglichkeiten, die bislang noch nicht genutzt wurden?

  • Sowohl das Budget für Arbeit als auch das Budget für Ausbildung sind eine Möglichkeit für Menschen mit Behinderung, eine selbstbestimmte Teilhabe am Arbeitsleben wahrzunehmen. Und gerade für junge Menschen, die in einer WfbM noch keine Erwerbsminderungsrente bekommen oder direkt aus der Schule in ein Budget für Ausbildung wechseln, sind das echte Alternativen zur dauerhaften Werkstattbeschäftigung. Wie schon an anderer Stelle von mir erwähnt, sind das keine Maßnahmen, die der UN- Behindertenrechtskonvention zuwider laufen. Sie werden nur noch nicht in Größenordnungen genutzt.

    Liebe Frau Bruère, möglicherweise habe ich mich unklar ausgedrückt. Auch ich halte die Budgets für Arbeit und Ausbildung für geeignete Vorkehrungen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention, um Menschen mit Behinderung Teilhabe an Arbeit zu ermöglichen.


    Was ich problematisch finde, sind die Zugangskriterien für diese Teilhabeleistungen. Diese sollten sich am individuellen Bedarf orientieren, bedingt durch die Behinderung.


    Indem das eng mit dem Sondersystem WfbM verknüpfte Kriterium des Grads der "Erwerbsfähigkeit" benutzt wird, wird an alten, ableistischen Barrieren festgehalten, die weiterhin Menschen mit Behinderung an einer vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an unserer Gesellschaft hindern.


    Es verwundert mich daher nicht, dass das Budget für Ausbildung immer noch nicht in größerem Umfang genutzt wird.

    • Offizieller Beitrag

    Nach Abschluss der Diskussionsphase am 31.10.2023 erreichte das Team die Antwort von Kerstin Bruère, die wir nicht vorenthalten möchten:


    Liebe Frau Brockerhoff,


    ich finde es sehr gut, dass wir darin einig sind, dass die Leistungen „Budget für Arbeit“ und „Budget für Ausbildung“ geeignete Vorkehrungen im Sinne der UN-BRK darstellen.


    Sie bemängeln die Zugangsvoraussetzungen für diese Teilhabeleistungen. Dazu lassen Sie mich bitte folgendes antworten:


    Der Gesetzgeber hat gemäß UN-BRK dafür Sorge zu tragen, dass Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt am Leben in der Gesellschaft teilhaben und mit Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen. Für Menschen mit Behinderungen, die noch am allgemeinen Arbeitsmarkt teilhaben können, also nicht als voll erwerbsgemindert gelten, gibt es eine Vielzahl von Teilhabeleistungen, die Ihnen den Zugang zur Arbeitswelt erleichtern/ ermöglichen (med. Reha, berufl. Reha, Eingliederungszuschüsse, Probearbeit, Jobcoaching etc pp.). Für Menschen mit Behinderungen, die bereits in einem Arbeitsbereich einer WfbM arbeiten, hatte der Gesetzgeber bis 2018 außer der Möglichkeit eines regulären Übergangs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt keinerlei Möglichkeiten vorgesehen. Der gesetzliche Auftrag der WfbM, Menschen mit Behinderungen aus WfbM auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu bringen, gelang (und gelingt) in Deutschland leider viel zu selten. Um diesen Menschen jedoch ebenso wie denen, die nicht einer WfbM arbeiten, Chancen für eine selbstbestimmtere Teilhabe am Arbeitsleben zu eröffnen, hat man 2018 das Budget für Arbeit gesetzlich im SGB IX verankert.


    Der Zugang für dieses Budget für Arbeit ist deshalb den Menschen mit Behinderungen vorbehalten, die sonst keine dieser Möglichkeiten hatten. Ich finde das korrekt so. Einzige Zugangsvoraussetzung ist, dass der Zugang zum Arbeitsbereich einer WfbM besteht und bereits eine berufliche Bildung durchlaufen war. Weitere Zugangsvoraussetzungen gibt es im Budget für Arbeit nicht. Und weil die Menschen mit Behinderungen, die eine Sonder-/Förderschulkarriere hinter sich haben und „planmäßig“ sofort aus der Schule in die WfbM gewechselt sind, hinsichtlich ihrer Bildung ebenso benachteiligt waren, hat man konsequent für diesen Personenkreis das Budget für Ausbildung geschaffen. Damit ist es gelungen, dass allen Menschen mit Behinderungen, auch denen in einer WfbM, der Zugang zu Ausbildung jenseits einer WfbM ermöglicht wird.


    Expertinnen und Experten sind sich inzwischen darin einig, dass die qualitativen Anforderungen an das Budget für Ausbildung für sehr viele Werkstattbeschäftigte viel zu hoch sind und deshalb soll es zukünftig auch möglich sein, dass Teilqualifizierungen und einzelne Qualifizierungsbausteine auch als Leistung im Budget für Ausbildung anerkannt werden. Dazu bedarf es jedoch einer Gesetzesänderung seitens des Bundes. Die Länder haben den Bund bereits dazu aufgefordert.


    Mit freundlichen Grüßen


    Kerstin Bruère