Wie werden Informationen zum Budget für Arbeit oder Budget für Ausbildung vermittelt und mit welchem Erfolg?

  • Guten Morgen an alle,

    ich möchte einmal berichten, wie es uns in Sachsen-Anhalt gelungen ist, das Budget für Arbeit bekannt zu machen. Wir haben bereits 2018 und auch in den Folgejahren regelmäßig Fachtagungen/ thematisch passende Veranstaltungen in der Öffentlichkeit dazu genutzt, über das Budget für Arbeit zu berichten. Wir haben einen Flyer und einen Fragen-Antwort-Katalog als Broschüre (auch in leichter Sprache) entwickelt, der allen Beratungsstellen, den Werkstätten für behinderte Menschen, den Sozialämtern und vielen anderen potentiellen Multiplikatoren zur Verfügung gestellt wurde. Die Fragen zum Fragen-Antwort-Katalog wurden mit Betroffenen und Vertretern der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege gemeinsam zusammengestellt und dann einer Antwort zugeführt. Es sind alle wichtigen Fragen inklusive einer Checkliste für Arbeitgebende und Budgetnehmende zusammengestellt, die im Rahmen des Budgets für Arbeit eine Rolle wichtige spielen. Darüber hinaus finden regelmäßige Fachaustausche zum Budget für Arbeit und zu regulären Übergängen statt, die zur Indentifikation vorhandener Problemstellungen genutzt werden. Die Probleme werden gemeinsam mit allen Beteiligten gelöst. In Fachtagungen zum Thema Inklusion im Arbeitsleben sind positive Beispiele öffentlichkeitswirksam präsentiert worden.

    Dennoch gehört auch zur Wahrheit, dass trotz dieser großen Bemühungen seit 2018 bisher nur rd. 100 Menschen mit Behinderungen in Sachsen-Anhalt ein Budget für Arbeit beantragt haben, derzeit sind 60 davon noch aktiv. Einige sind zurück in die WfbM gegangen, andere sind inzwischen voll versicherungspflichtig beschäftigt, wieder andere sind zu Hause, weil für sie die WfbM nicht der richtige Ort der Teilhabe am Arbeitsleben ist.


    Wichtig ist auch, dass die Bemühungen, reguläre Übergänge auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu generieren, nicht zugunsten des Budgets für Arbeitvernachlässigt werden. Das Ziel des Gesetzgebers beim Budget für Arbeit, diese in reguläre Beschäftigungsverhältnisse zu überführen, sollte seitens der Verantwortlichen immer im Blick behalten werden. Auch wenn es bei der Klientel, die für diese Leistung in Frage kommt, sicher viele Budgets geben wird, die einer Dauerförderung bedürfen.

    In Sachsen-Anhalt wird derzeit ein Netzwerk inklusiver Arbeitsmarkt gegründet, dem Arbeitgebende beitreten werden, die bereits positive Erfahrungen bei der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen gemacht haben und ebenso auch Arbeitgebende, die sich bisher zwar mit dem Gedanken befassen, schwerbehinderte Menschen einzustellen, aber diesen Schritt noch nicht vollzogen haben. Es werden auch Verantwortliche von Leistungsträgern und Beratungsstellen dem Netzwerk beitreten. Wir versprechen uns davon, durch den intensiven Fachaustausch in diesem Netzwerk zum einen mehr Transparenz zu erreichen, zum anderen aber auch eine positive Wirkung auf die Bereitschaft von Unternehmen zu erzielen, schwerbehinderten Menschen eine Chance zur Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt zu geben.

    Herzliche Grüße aus Sachsen-Anhalt

  • "Wichtig ist auch, dass die Bemühungen, reguläre Übergänge auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu generieren, nicht zugunsten des Budgets für Arbeit vernachlässigt werden."

    Darin sehe ich in der Praxis durchaus ein Problem: Junge Menschen mit Behinderung, die "früher" in anderen Förderprogrammen "untergekommen" wären, werden jetzt ins Budget für Arbeit gedrängt. Nicht im Sinne des Erfinders...

  • Frau Ehrhardt hat natürlich Recht, in der Praxis passiert es häufiger, dass Menschen mit Behinderungen (aber auch aus eigenen Wünschen wegen der besseren Absicherung) lieber in das Budget für Arbeit wechseln als auf einen regulären Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Das entspricht dann dem Wunsch- und Wahlrecht des behinderten Menschen, der darüber mit entscheiden kann. Als es das Budget für Arbeit noch nicht gab (vor 2018), stand die Wahlfreiheit nicht zur Debatte.

    Aus meiner Sicht sollte man seitens des Gesetzgebers zwingend darauf achten, das Budget für Arbeit nicht noch attraktiver zu machen, damit die Sogwirkung dahin nicht einen zu großen Raum einnimmt und reguläre Übergänge ad absurdum stellt.

  • Ja, genau. Aber mit dem Wunsch- und Wahlrecht ist das so eine Sache. Ich meinte das schon so, wie ich es geschrieben habe: Ins Budget "gedrängt". O-Ton (ich schreiben nicht von wem): "Endlich haben wir hier auch was für die Schwächeren". Definiere: Schwächere.

  • Hallo,


    dazu vielleicht kurz aus Sicht eines Arbeitgebers.

    Bestimmt gibt es beim Klientel, die Budget für Arbeit (BfA) beantragen können, den ein oder anderen dem es mit viel Qualifizierung und Zeit gelingt den Übergang in ein reguläres Arbeitsverhältnis zu schaffen. Wir selbst haben bisher die Erfahrung einmal machen dürfen (vor ungefähr vier Jahren), was sich immer noch bis heute als eine gute Entscheidung gezeigt hat. Bei unseren restlichen Mitarbeitern (wir haben zurzeit 20 Mitarbeiter, die über das BfA gefördert werden) muss man ganz klar sagen, dass diese ohne eine Dauerförderung den Anforderungen momentan nicht gerecht werden könnten. Und das als Inklusionsbetrieb- denn auch wir sind Wirtschaftsunternehmen. Dh wir müssen auch dafür Sorge tragen wirtschaftlich zu handeln um die bisherigen Arbeitsplätze zu sichern.

    Ich hatte es in einem anderen Beitrag schon erwähnt, dass aus unserer Sicht diese Förderung zu guten Arbeitsverhältnissen führt und ich gerne weitere Betriebe ermutigen möchte, Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Den Fokus zum jetzigen Stand schon auf den Wechsel zu anderen Arbeitsverhältnissen zu legen, finde ich da ein wenig vorschnell. Den letzendlich stehen dann auch diese Mitarbeiter dann bei Bewerbungsprozessen in Konkurrenz zu allen Anderen und werden - realistisch betrachtet - auf dem harten Arbeitsmarkt keine bis geringe Chancen haben. Sehen wir es doch mehr als Chance als als "Zwang". Und manachmal habe ich nicht die Wahl zu entscheiden ob ich diese Förderung für ein Arbeitsverhältnis in Anspruch nehmen möchte oder eine andere oder keine, sondern leider eher: kann ich den Arbeitsplatz bekommen oder nicht.

    Vielleicht hier ein wenig fehl zu der Überschrift, wollte es nur noch als Anmerkung zu meinen Vorschreiberinnen hinzufügen.


    Viele Grüße