(Dies ist eine Impulsfrage des Teams.)
Was heißt es, ein „Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung“ nach § 219 SGB IX Abs. 2 zu erbringen?
-
-
Wirtschaftlich verwertbar ist eine Arbeitsleistung, wenn ihr Ergebnis wirtschaftlichen Wert besitzt, sich also beispielsweise als Ware oder Dienstleistung verkaufen lässt. Es kommt somit nicht darauf an, ob Arbeits-, Sach- und Personalaufwand und Arbeitsergebnis in einem wirtschaftlichen Verhältnis zueinander stehen, ob der Mensch mit Behinderung die Kosten seines Platzes in der Werkstatt oder einen bestimmten Teil dieser Kosten erwirtschaftet oder ob ein Mindesteinkommen erzielt wird. Ein bestimmtes Mindestmaß setzt das Gesetz nicht voraus; vielmehr ist jedes Minimum an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung ausreichend (Bundessozialgericht, Urteil vom 22.02.1984, 7 RAr 72/82).
-
Ja, das heißt es wohl.
Es ist ein grässlicher Begriff, der zeigt, wie perfekt wir in D auch noch im Sondersystem teilen und separieren. (Sorry, diese Anmerkung musste sein...).
-
So grässlich sich gesetzliche Regelungen, hier vor allem aus der Sicht derer, für die die Gesetze entwickelt werden, auch anhören, bieten sie vor allem die Chance, das damit verbundene Recht, hier dann auf berufliche Teilhabe, umzusetzen.
Wenn, wie von MFriedrichsen aufgeführt, das Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Grunde kaum zu beschreiben ist und eine hohe Interpretationsbreite erlaubt, ermöglicht dies die Auseinandersetzung mit einem viel spannenderen Thema:
Wie können wir die sich auffächernden Möglichkeiten eines zukünftig inklusiven Arbeitsmarktes für möglichst auch die Menschen öffnen, die behinderungsbedingt mehr Unterstützung und ein auf sie abgestimmtes Arbeitsfeld benötigen.
Das es auf den Weg in eine inklusive Berufswelt viele Stolpersteine gibt, von Betroffenen selbst als Sonderwelten empfundene Abgrenzungen überwunden werden sollten, zeigen alleine die Beiträge dieses Forums. Sie zeigen aber auch deutlich, es gibt wichtige gesetzliche Grundlagen für die angestrebten Wege in einen inklusiven Arbeitsmarkt.
Konnten Menschen der Zielgruppe des § 219 SGB IX die im Gesetzt beschriebenen Unterstützungs- und Beschäftigungsangebote erst einmal nur innerhalb des Hauses einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung nutzen, können sie diese Unterstützungs- und Beschäftigungsangebote heute auch mit in Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarktes nehmen.
In der Zusammenarbeit mit Unternehmen, die sich für die inklusive Weiterentwicklung ihres Unternehmens, hier auch im Sinne des § 219 SGB IX, entschieden haben, erlebe ich, dass sich Unternehmen im Verbund mit anderen Unternehmen auch zunehmend mit der Frage auseinandersetzen, wie auch Menschen mit einem hohen Unterstützungsbedarf in Arbeitsprozesse eingebunden werden können. Langjährige BiAP-Beschäftigungen in Seniorenhäuser und Jugendherbergen zeigen deutlich, dass dies zu einer Win-Win-Situation für alle führt. Mit einem Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung entwickeln die Unternehmen gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden kleine bis kleinste Nischentätigkeiten, die für alle zu einer hohen Zufriedenheit führen. Benötigen die Mitarbeitenden eine erhöhte Unterstützung, steht ihnen diese durch erfahrene Fachcoachs zur Verfügung.
Ein versierter und erfahrener Fußballtrainer würde jetzt vielleicht sagen:
Nicht schlecht, aber da ist noch mehr möglich. Und, gewinnen werden wir nur, wenn wir das Spiel gemeinsam aufbauen und dann auch spielen. Wir müssen uns aufeinander verlassen können und jeder von uns ist dabei gefordert.
-
"wie auch Menschen mit einem hohen Unterstützungsbedarf in Arbeitsprozesse eingebunden werden können. ".... Ich kenne leider KEIN EINZIGES solches Beispiel in meinem doch ziemlich weiten Umfeld. Traurig, aber wahr.